Rot

Eine berührende Familiengeschichte aus dem heutigen Indien. Nicht nur nebenbei wird eine sagenhafte logistische Organisationsform geschildert, von der und durch die Millionen Inder leben

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Leseprobe

Ich heiße Dilip und wohne seit kurzem mit meiner Familie wieder in einem festen und schönen Haus mit drei Zimmern nördlich der Dharavi. Wir hatten früher schon einmal in dieser Gegend so ein großes Haus, aber daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Vieles weiß ich nur von den häufigen und tränenreichen Seufzern meiner Mutter. „Ja, als dein Vater noch lebte, da …“

Ich kann mich aber genau erinnern, dass wir damals ausziehen mussten und das Glück hatten, wenigstens noch in die Dharavi, also eigentlich ganz in die Nähe ziehen zu können. Ich weiß auch ganz genau, wie alt ich und meine beiden Geschwister sind. Das ist viel. Von unseren ehemaligen Nachbarskindern wussten das nur ganz wenige. Wozu auch? Es interessiert niemanden wirklich.

Heute bin ich genau siebzehn Jahre alt und habe Geburtstag. Aus diesem Grund habe ich frei und Mutter hat einen Kuchen gebacken. Wir sitzen beide vor der Tür unseres Hauses und sind jeder in seine Gedanken versunken. Ich denke an unseren kleinen Sonnenschein, meine Schwester. Instinktiv fasse ich an meine Wange, als spürte ich noch ihren letzten Kuss, den sie mir gestern zum Abschied gab ...